Mysterious Object at Noon / Dokfah Nai Meu Maan

Filmmuseum on Location:

Neurestaurierungen in Venedig, Locarno und New York

September / Oktober 2013
 
Die Filmfestspiele in Locarno und Venedig haben das Österreichische Filmmuseum einge­laden, zwei seiner neu fertig gestellten Restaurierungsprojekte erstmals öffentlich zu präsentieren. Bei den Filmen handelt es sich jeweils um zentrale Werke des jüngeren asiatischen Kinos, die akut vom Verschwinden bedroht waren, da die Originalmaterialien verloren sind bzw. nicht konserviert waren. Beide Beispiele zeigen, dass Filme in vielen Fällen nicht erst Jahrzehnte später restauriert werden müssen, sondern oft schon zehn bis fünfzehn Jahre nach ihrem ­Kinoeinsatz – vor allem dann, wenn in den betreffenden Regionen keine geregelte Filmarchivierung existiert.
 

Anfang September zeigte die 70. Mostra del Cinema in Venedig als Welturaufführung die Restaurierung von Apichatpong Weerasethakuls Langfilmdebüt Mysterious Object at Noon, durchgeführt vom Filmmuseum und Martin Scorseses World Cinema ­Founda­tion. Anfang Oktober folgt die amerikanische Erstaufführung von Mysterious Object at Noon beim 51. New York Filmfestival. Der thailändische, 2010 mit der Goldenen Palme von Cannes ausgezeichnete Regisseur hatte seinen Erstling 1999 in No-Budget-Manier gedreht, doch das 16mm-Originalmaterial ging bald danach in Bangkok verloren.

 

Ausgehend vom englisch untertitelten 35mm-Duplikatnegativ, das Weerasethakul 2007 im Österreichischen Filmmuseum deponiert hat, konnte der Film nun mit digitalen Hilfsmitteln restauriert und wieder zugänglich gemacht werden: ein faszinierendes Road Movie in grobkörnigem Schwarzweiß, pendelnd zwischen „Direct Cinema“-Stil und einer märchenhaften Fabel, die sich entlang einer Reise durch Thailand entspinnt. Apichatpong Weerasethakul wird die Restaurierung im Rahmen der Reihe Venice Classics persönlich vorstellen.

 

Schon im August präsentierte das Internationale Filmfestival von Locarno erstmals die vom Filmmuseum durchgeführte Restaurierung von Lav Diaz’ fünfstündigem Epos Batang West Side (2001). Das erste Meisterwerk des philippinischen Regisseurs – und zugleich sein letzter analog gedrehter Film – wurde in New Jersey und auf den Philippinen hergestellt und beginnt als Kriminalfilm über einen Todesfall im Drogenmillieu. Die Geschichte weitet sich jedoch rasch zu einer intensiven Identitätsstudie, nicht nur, was den ermittelnden Polizeidetektiv und das Todesopfer betrifft, sondern auch die Welt, der beide entstammen: der philippinischen Diaspora in den USA.

 

Das im Österreichischen Filmmuseum deponierte Originalnegativ von Batang West Side diente als Ausgangspunkt für die Herstellung einer neu lichtbestimmten und tonrestaurierten 35mm-­Kopie. Auch Lav Diaz, der in Locarno heuer als Jurypräsident fungierte und dessen jüngstes Werk Norte jüngst in Cannes gefeiert wurde, stellte Batang West Side persönlich vor.

 

Die beiden Projekte wurden in enger Abstimmung mit Apichatpong Weerasethakul und Lav Diaz durchgeführt, die in Wien jeweils mit den Restauratoren des Filmmuseums (Matteo Lepore, Adriana Noviello und Markus Wessolowski) zusammen gearbeitet haben. Die beteiligten Labors waren im Fall von "Mysterious Object at Noon": Listo-Film (Wien), L’Immagine ritrovata (Bologna) und Technicolor Ltd (Bangkok) sowie bei "Batang West Side": Synchro-Film (Wien).