Programmarchiv

März 2017

Filmmuseum ist. Poetische Gerechtigkeit

Eine der aufsehenerregendsten filmhistorischen Wiederentdeckungen gilt derzeit dem Kino der jungen Bundesrepublik Deutschland. Das von Olaf Möller kuratierte Projekt nahm seinen Ausgang beim letzten Filmfestival in Locarno und wird 2017 vielfältig ausdifferenziert. In Wien, im Filmmuseum, richtet sich der Blick auf die Stoßkraft, die das Stil- und Ideen-Gerüst "Film Noir" im Kino der BRD hatte – nicht nur im Kriminalfilm, sondern auch in anderen Genres. Was hier unter anderem auf dem Spiel steht, ist eine neue Betrachtung dessen, was in unseren Breiten allzu lang einfach als "bieder" abgetan wurde: ein westdeutsches Filmschaffen der 50er Jahre, das überaus empfänglich war für die Spannungen der Gesellschaft, in der es wirkte.

Vielleicht ist es eine Art ausgleichender, poetischer Gerechtigkeit, wenn gewisse Autor/inn/en, Werke, Strömungen Jahrzehnte später durch Museen und Publizistik eine Würdigung erfahren, die ihnen einst versagt geblieben ist. Jedenfalls gehört das Streben danach zum Grundauftrag von Häusern wie diesem. Andererseits sind – in den Künsten – die Kriterien für eine "gerechte" Wahrnehmung und Bewertung in keiner Verfassung festgehalten. Sie wären viel zu kompliziert und widersprüchlich, weshalb beim Begriff der poetic justice das Adjektiv wichtiger ist – nicht nur im Fall des BRD-Kinos, sondern auch beim Gedenken an Peter Konlechner, bei der ersten Filmmuseum-Schau zu Hollis Frampton seit 36 Jahren und bei der Annäherung ans Œuvre David Cronenbergs über die Maschek-Seite seines Kameramanns Peter Suschitzky. Gerechtigkeit ist nur zu haben im intensiven Kontakt mit den Werken selbst, in der Öffnung gegenüber dem, was an ihnen "ungerecht", weil dichterisch ist.

Alexander Horwath

Dank Für ihre Hilfe bei der Realisierung des März-Programms danken wir:
Frank Becker (Medienarchiv Bielefeld); Andreas Beilharz, Mathias Bollinger, André Mieles (Deutsches Filminstitut – DIF); Wolfgang Bihlmeir (Werkstattkino); Alice Brauner, Sarah Polligkeit (CCC Filmkunst GmbH); Robert Distelrath (Goethe-Institut); Li Erben; Anke Hahn, Diana Kluge, Lorenz Schulz-Bödeker (Deutsche Kinemathek); Kim Hendrickson, Abbey Lustgarten (The Criterion Collection); Sebastian Höglinger, Peter Schernhuber (Diagonale – Festival des österreichischen Films); Bruce Jenkins; John Klacsmann (Anthology Film Archives); Egbert Koppe, Florian Wrobel, Jacqueline Blösch (Bundesarchiv – Filmarchiv); Friedl Kubelka; Olaf Möller; Thomas Ochs, Frank Troschitz (Filmmuseum Düsseldorf); Michael Omasta; Claus Philipp, Florian Widegger (Stadtkino Wien); Andre Schäublin (Cinémathèque suisse); Cathrin Schupke (Deutsches Historisches Museum / Zeughauskino); Felix Seifert (Filmhauskino Köln); MM Serra (The Film-Makers' Cooperative); Peter Suschitzky; Ernst Szebedits, Marcel Steinlein (Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung); Barbara Wurm; Carsten Zimmer (Arsenal – Institut für Film und Videokunst)

Filmtexte
Rui Hortênsio da Silva e Costa, Christoph Huber, Harry Tomicek