Gregory J. Markopoulos © Temenos Verein 2003 / Foto: Jerome Hiler

Gregory J. Markopoulos

19. bis 24. November 2014

Gregory J. Markopoulos war zwanzig, als er – parallel zu seinem Studium an der University of Southern California – sein erstes, einstündiges Hauptwerk fertigstellte: Du sang, de la volupté et de la mort (1947–48). Beeinflusst vom Surrealismus und der literarischen Moderne, wurde er damit, neben Maya Deren und Kenneth Anger, zum Mitbegründer des New American Cinema, der bedeutendsten Gruppierung im unabhängigen Film nach 1945. Zugleich beginnt mit diesem Film eine individuelle Entwicklung, die Markopoulos zu einem der größten Formen-Erfinder und Neuerer des Kinos überhaupt machte: „Ein Werk, das von Ernst, radikaler Kreativität und von dem geprägt wurde, was die Griechen thrasos nannten – Feuer, Selbstvertrauen, Enthusiasmus.“ (Harry Tomicek).

 
Geboren 1928 in Toledo, Ohio und aufgewachsen in griechischer Sprache und Tradition (er lernte erst ab dem siebenten Lebensjahr Englisch), hat Markopoulos bis zu seinem Tod im November 1992 mit beispielloser Rigorosität seine künstlerischen Ziele verfolgt. Gegen die Einzäunung durch Gattungsbegriffe wie „Spielfilm“, „Undergroundkino“, „Kunstfilm“ oder „Avantgarde“ setzte er immer vehementer die Devise Film als Film.

 
Das Erzählerische am Kino ist ihm keineswegs fremd – Gregory J. Markopoulos hat Vorlesungen bei Josef von Sternberg besucht, Hitchcock und Lang bei der Arbeit beobachtet und pflegt im Paris der 1950er Jahre Kontakt mit Jean Cocteau und dem jungen Jean-Luc Godard. Aber die eigene Praxis zeigt ihm, dass die tiefsten Erfahrungen, die Film ermöglicht, anderswo liegen: „Who can dare to imagine what a single frame might contain?” Mehr und mehr erzielt er die Gestalt seiner Filme unmittelbar während des Filmens: Komposition, Bildfolge, Montage, Überblendung, Mehrfachbelichtung – alle diese Vorgänge (die die Kinoindustrie an ein Team delegiert) bewerkstelligt er selbst, im Augenblick des Drehens.

 
Das Ergebnis ist ein „dichterisches“ Kino, das sowohl innovative, tranceartige Erzählungen wie Swain (1950) oder Twice a Man (1963) enthält, als auch – im Zuge seiner Loslösung vom New Yorker Underground der 60er Jahre – einzigartige Menschenporträts (wie in Galaxie) und irisierende Lichtspiele, die um Orte und Bauwerke kreisen (Bliss, Gammelion, Sorrows u.v.a.). Gregory Markopolous’ fast unheimliches Farb- und Rhythmusgefühl und seine rauschhaften „Akkorde“ und Cluster aus kürzesten visuellen Elementen charakterisieren sein Œuvre ab 1966 ebenso wie die Suche nach einer utopischen Einheit – einem nicht entfremdeten Verhältnis zwischen Leben, Filme-Machen und Filme-Zeigen.

 
Gemeinsam mit seinem Partner Robert Beavers (der heute Markopoulos’ Nachlass betreut) führt er seit 1967 ein nomadisches und von Armut geprägtes Leben in der „Alten Welt“, zwischen Italien, Belgien, Griechenland und der Schweiz. Er dreht unablässig, veröffentlicht jedoch ab 1971 keinen weiteren Film. Er konzentriert sich völlig auf jenes rund achtzigstündige Werk, das die Summe seines künstlerischen Daseins darstellen wird: Eniaios, geschaffen für eine spezielle Aufführungssituation in freier Natur, den „Temenos“ nahe dem Dorf Lyssaraia am Peloponnes.

 
22 Jahre nach Markopoulos’ Tod sind die Gelegenheiten, seine Werke zu sehen, weiterhin rar; die Restaurierung und Kopierung von Eniaios schreitet voran, ist aber noch lange nicht abgeschlossen. Das Österreichische Filmmuseum, mit dem der Künstler eine lange (und durchaus komplizierte) Beziehung pflegte, hat fast 50 Jahre lang seine Filme gesammelt – und ist stolz, dem internationalen Publikum mit dieser Retrospektive von 28 Werken den bisher tiefsten Einblick in das Kino von Gregory J. Markopoulos anbieten zu können.

 
Die Schau findet in Anwesenheit von Robert Beavers und im Rahmen der Vienna Art Week statt. Zur Eröffnung präsentiert Kurator Mark Webber sein neues Buch Film as Film: The Collected Writings of Gregory J. Markopoulos (The Visible Press) .

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