Pasażerka (Die Passagierin), 1961/63, Andrzej Munk

Andrzej Munk

18. bis 27. April 2003
 
Die großen Aufbruchsbewegungen im osteuropäischen Kino der 1950er und 60er Jahre sind bis auf wenige Ausnahmen im Sand verlaufen. Politische Zensur, die Emigration vieler Filmschaffender in den Westen, aber auch eine Versteinerung der Formensprache sind dafür mitverantwortlich. Unter den bekannten Regisseuren Polens, Ungarns und der Tschechoslowakei ist kaum einer den Hoffnungen gerecht geworden, die das Frühwerk weckte.
 
Der vielleicht bedeutendste Erneuerer des polnischen Films hatte gar keine Chance auf ein Spätwerk: Andrzej Munk, der 1961, kurz vor seinem 40. Geburtstag bei einem Autounfall ums Leben kam, konnte zwischen 1954 und 1961 nur sechs Kinoarbeiten realisieren. Zusammen repräsentieren sie eine der zwingendsten, unnachgiebigsten Positionen im europäischen Nachkriegsfilm – vom halbdokumentarischen Spielfilm Das blaue Kreuz (1955) über den kargen „Film noir“ Der Mann auf den Schienen (1957) bis zur scharfen Opportunismus-Satire Das schielende Glück (1959).
 
Andrzej Munk entwarf ein politisches und dezidiert anti-nationalistisches Kino, das fast durchwegs in seinen Erfahrungen während der NS-Zeit verankert ist. Munks letzter und größter Film Pasażerka (Die Passagierin, 1961/63) wurde posthum von seinen Mitarbeitern fertiggestellt und gilt weithin als der einzige gelungene Versuch, das Leben und Sterben im Konzentrationslager in Spielfilmform darzustellen.
 
Die bedeutende US-amerikanische Filmtheoretikerin Maureen Turim, die derzeit Munks Werk erforscht, wird am 21. April eine große Lecture zu Pasazerka halten.
 
Die Veranstaltung findet mit freundlicher Unterstützung des Polnischen Instituts statt.