Entuziazm (Simfonija Donbassa), 1930, Dziga Vertov (Kadervergrößerung ÖFM)

Edition Filmmuseum:

Enthusiasmus und Schwerarbeit

28. Oktober 2005

 

Filmabend und Präsentation der DVD-Edition Filmmuseum

 

Zum Start des neuen DVD-Labels Edition Filmmuseum lädt das Filmmuseum zu einem Abend, der die lebendige Beziehung zwischen Filmgeschichte und Medien­gegenwart thematisiert – und zugleich das Verhältnis zwischen Geschichte und Gegenwart der Arbeit.  

 

Zu sehen sind Dziga Vertovs Ėntuziazm (1930) – ein Klassiker des sowjetischen Revolutions­kinos, dem auch die erste Ausgabe der neuen DVD-Edition gewidmet ist – sowie Michael Glawoggers Workingman’s Death (2005) – ein hervorstechendes Beispiel des zeitge­nössischen Dokumentarfilms, das explizit bei Ėntuziazm ansetzt und vom Mythos des Arbeiterhelden zur Realität der Schwerarbeit im 21. Jahrhundert vordringt.

 

Ėntuziazm, Meisterwerk des Dokumentar- und Avantgardefilms, gleichermaßen verehrt von Charlie Chaplin und Walter Benjamin, ist eine Kinosymphonie über den Fünfjahresplan der späten 1920er Jahre. Gleich zu Beginn der Tonfilmära führt Vertov hier die Möglichkeiten des neuen Mediums vor – der komplexe „Gesang“ von Bild und Ton feiert nicht allein die Helden der Arbeit und die Umgestaltung der Sowjetunion, sondern auch den Kino-Apparat selbst.

 

75 Jahre später, in einer Ära der allumfassenden Digitalität (am Büroschreibtisch wie in der Unterhaltungsbranche), gelten sowohl das „Verschwinden der Arbeit“ als auch der „Tod des Kinos“, des Mediums Film, als ausgemacht. Workingman’s Death widerspricht dieser Rhetorik auf zweifache Art – explizit, was die Arbeit betrifft: Glawogger beschreibt Menschen, Orte und Prozesse, die heute noch von körperlicher Schwerarbeit geprägt sind. Und er widerspricht implizit, was das Medium Film betrifft: Workingman’s Death ist selbst der beste Beweis dafür, dass Kinofilm als eine spezifische Erkenntnisweise, als eine Form von Nachdenklichkeit und als Instrument der Sichtbarmachung, mehr denn je gebraucht wird. 

 

Ėntuziazm“ wird in der restaurierten Fassung gezeigt, die Peter Kubelka im Filmmuseum erstellt hat und die auch auf der DVD enthalten ist. Für die einmalige Vorstellung von „Workingman’s Death“ unmittelbar nach der Premiere auf der Viennale gilt unser Dank der Lotus-Film und dem Filmladen.

Zusätzliche Materialien