The Red Shoes, 1948, Powell & Pressburger

Michael Powell & Emeric Pressburger

31. Oktober bis 30. November 2003

 

Einen Schwerpunkt im Novemberprogramm des Filmmuseums bilden die Werke der unzweifelhaft wichtigsten Partnerschaft der Kinogeschichte: Unter dem Signum ihrer Londoner Produktionsfirma "The Archers" schufen der englische Regisseur Michael Powell und der aus Österreich-Ungarn stammende Autor Emeric Pressburger ab 1942 zahlreiche visionäre wie exzentrische Spielfilme, in denen sich spektakuläre Unterhaltung und technische wie formale Experimentierfreudigkeit auf singuläre Weise vermischen.
 
Neben diesen klassischen Arbeiten, darunter der brillante Ballettfilm The Red Shoes (1948) oder das satirische Epos The Life and Death of Colonel Blimp (1943) – "very possibly the finest film ever made in Britain" (Dave Kehr) – zeigt das Filmmuseum eine Reihe weiterer Meisterwerke und Raritäten von Powell und Pressburger.
 
Powell, 1905 in Kent geboren, beginnt seine Kino-Karriere in der Stummfilmzeit mit kleinen Jobs bei Rex Ingram und Alfred Hitchcock. In den 30er Jahren inszeniert er eine Reihe von "Quota Quickies", schnellen, billigen Unterhaltungsfilmen, bevor er mit der mystisch-dokumentarischen Insel-Elegie The Edge of the World das Aufsehen des Produzenten Alexander Korda erregt. Dieser führt ihn für den Thriller The Spy in Black (1939) mit einem emigrierten UFA-Autor zusammen, der sich gerade selbst Englisch beigebracht hat: dem drei Jahre älteren Emeric (Imre) Pressburger.
 
So unvorhersehbar wie die sofortige Seelenbruderschaft zwischen dem flamboyanten Impressario Powell und dem stillen Emigranten Pressburger sind auch die – zunächst umstrittenen – Resultate ihrer Zusammenarbeit (Churchill etwa wollte Colonel Blimp verbieten lassen). Ihre ersten Kollaborationen entstehen allesamt als Propagandafilme: In 49th Parallel (1941) fliehen deutsche Soldaten durch die kanadische Wildnis ins (noch neutrale) Amerika; A Canterbury Tale (1944) ist ein wundersames Mysterienspiel in der idyllischen Provinz. Der Krieg selbst kommt in diesen "Kriegsfilmen" kaum vor, ist vielmehr Basis für philosophisch-moralische Spekulationen. Selbst im Kurzfilmgenre brillieren sie: Wiederentdeckte Arbeiten wie Smith (1939) oder The Volunteer (1943) können dies bezeugen.
 
Ihre Erfindungskraft macht Powell & Pressburger zu großen Phantasten des Kinos, auch wenn sie nur einmal – bei der hinreißenden Liebeskomödie A Matter of Life and Death (1946) – im phantastischen Genre gearbeitet haben: Ihre Filme sind unkonventionell gebaut und sprudeln über vor magischen, oft nahezu avantgardistischen Einfällen. Sie sind zugleich britisch und zutiefst kosmopolitisch, leben von klassischem europäischen Kulturgut und nehmen (mit trockenem Humor) die Postmoderne vorweg.
 
Die Zusammenarbeit endet 1957 so wie sie begann: in Freundschaft und mit unorthodoxen Kriegsfilmen. Pressburger wendet sich bis zu seinem Tod im Jahr 1988 der Literatur zu, Powells Karriere endet 1960 vorläufig mit dem Skandal um die Serienmörder-Fantasie Peeping Tom. Er stirbt 1990. Aber beide erleben noch die triumphale Wiederentdeckung ihres Werks durch eine neue Generation von Regisseuren wie Martin Scorsese, Francis Ford Coppola, George A. Romero und Derek Jarman. Michael Powell, so schreibt Jarman 1984, "ist der einzige englische Spielfilmregisseur von Weltklasse".
 
In Zusammenarbeit mit dem National Film & Television Archive