Solo Sunny, 1980, Konrad Wolf, Wolfgang Kohlhaase (© Progress Film-Verleih/Foto: Dieter Lück)

Konrad Wolf

25. Jänner bis 6. Februar 2013
 
Konrad Wolf war das künstlerische Maß aller DEFA-Dinge – der alles und alle überragende Spielfilmemacher der DDR, ihr nationales wie inter­nationales Aushängeschild. Wolfs Kino war so, wie der Staat selbst kaum je zu sein wagte, nämlich realistisch in den verschiedensten Schattierungen, also skeptisch, sehnsuchtsvoll, grüblerisch, intim, vertrauensvoll und dabei stets selbstbewusst – ein Œuvre des Zweifels, der Seitenblicke, der Ungewissheit und, ganz vehement, der Hoffnung. Es ging ihm um die Suche an sich, um Selbstbefragung, um ein Ringen: Wer kann ich sein in meiner Zeit, was ist mein Ort darin, meine Aufgabe, mein Morgen?
 
Die Protagonistinnen und Protagonisten zwischen Lissy (1957) und Solo Sunny (1980), in Der geteilte Himmel (1964), ­Sonnen­sucher (1958/72) und Sterne (1959), sind zerrissen zwischen ­Verstand und Gefühl. Sie treiben durch ihre Zeiten, entlang von Grenzen, die oft brutal-exakt, manchmal aber auch sehr vage verlaufen. Die Künstler in Goya (1971) und Der nackte Mann auf dem Sportplatz (1974), der eine politisch verfolgt, der andere noch nicht ganz angekommen im Alltag, erweisen sich als exakte ­Spiegel­bilder Wolfs – zur Kenntlichkeit zerbrochen. Seine Werkstücke zeigen ihn als Unbehausten, als einen Menschen, dessen Heimat eine Utopie ist: eine deutsche demokratische Republik, die man nicht verwechseln sollte mit der Nation gleichen Namens. Die Utopie mit dem realen Ort in höchstmögliche Übereinstimmung zu bringen: darum ging es Konrad Wolf, dafür machte er Filme. Die wechselnden Führungen des Staats waren Wolfs Bestrebungen allerdings nicht gewachsen, egal wie aktiv er selbst mitmischen wollte (er war u.a. seit 1981 Mitglied im Zentralkomitee der SED). Das Ende dieses Staates erlebte der 1982 verstorbene Regisseur nicht mehr.
 
Geboren wurde Wolf 1925, in eine Familie, die Geschichte schreiben sollte: Vater Friedrich Wolf gehört zu den Großen des proletarischen Dramas (sein bekanntestes Stück, Professor Mamlock, adaptierte der Sohn 1961 kongenial fürs Kino), während Bruder Markus als Leiter der Hauptverwaltung Aufklärung im Ministerium für Staatssicherheit eine Schlüsselpersönlichkeit für das ­Innen­leben der DDR und ihres Machtapparats war. So stand Konrad Wolf zwischen einer Ikone und einem gefürchteten, mehr erahnten als gekannten Schemen.
 
Die Familie Wolf war 1933 aus Deutschland in die UdSSR emigriert; drei Jahre später nahmen sie die Staatsbürgerschaft ihres neuen Zuhauses an. Mit 19 Jahren kehrte Konrad als Oberleutnant der ­Roten Armee nach Deutschland zurück – sein Film Ich war neunzehn (1968) erzählt davon mit großer Intensität. Eigentlich wollte Wolf nach Kriegsende wieder in die UdSSR, wurde aber von einem Vorgesetzten und Kameraden zum Bleiben gemahnt: er habe eine Verpflichtung gegenüber diesem Land. Er nahm sie wahr.