
Primitive Diversity
Alexander Kluge, DE 2025; Team: Barbara Barnak, Gülsen Döhr, Michael Kurz, Monika Schwarzmeier, Roland Forstner, Thomas Willke; Darsteller*innen: Helge Schneider, Sophie Kluge, Ulrike Sprenger. DCP, Farbe, 80 min. Deutsch mit engl. UTEinige der Filme aus der Zeit von 1895 bis 1929, die ich als Filmemacher liebe, gehören zur Tradition der "Primitive Diversity". "Primitiv" wird hier nicht als Modewort verwendet, sondern bedeutet "ursprünglich", "früh", "ungeschliffen". Es geht um einfache Vielfalt. Heute, im Jahr 2026, ist sie so wichtig wie Brot. Wir leben in einer Zeit voller Unruhe und Umbrüche ("Disruption"). Einem Zeitalter der Unheimlichkeit, der kriegerischen Konflikte. All das braucht Trost. Ein Teil des Kinos – in seiner Zeit der primitiven Vielfalt – bestand darin, dass es tröstet: weil es uns für einen Moment aus der damals noch stillen Aktualität herausholt und weil es extreme Ausdrucksformen, das Groteske, zulässt. Das gehört zur „Freiheit des Geistes“. Die bittere Realität darf aber nicht geleugnet oder beschönigt werden. Der Trost, wie er zum Konzept des Kinos gehört, basiert auf etwas, das der Film aufgrund seiner Natur leisten kann: Er ist ein Spiel mit Licht. "Licht tröstet in der Nacht." Als der Triumph des Kinos zu Ende ging, das Fernsehen aber noch in den Kinderschuhen steckte, gab es in den USA sogenannte Fernsehleuchten. Sie standen neben den Fernsehern im Zimmer, und die Wärme der Glühbirne versetzte einen Luftzug und die Bilder auf dem Lampenschirm in Bewegung. Im Jahr 1955 war dies die Rückkehr der Laterna magica von 1855 bis etwa zehn Jahre später. Ich liebe diese unwahrscheinlichen und unerwarteten Fundstücke inmitten des Massenstroms der Medien. "Einfache Viel-falt ist besser als vervielfachte Einfachheit." So sagen es die Dichter. (Alexander Kluge)