Filmmuseum ist. Kinder des Kinos

Plakat Ein anderes Leben
Wo ist das Haus meines Freundes? Diese Frage ist in Abbas Kiarostamis gleichnamigem Film ganz buchstäblich und „lokal“ gemeint. Aber sie ist auch eine der gewichtigsten Fragen, die sich im Leben – und in der Gestaltung des gesellschaftlichen Zusammenlebens – stets aufs Neue stellen.

Alain Bergala, dessen wunderbares Buch über Filmvermittlung, L'hypothèse cinéma, nun erstmals in englischer Sprache vom Filmmuseum und SYNEMA publiziert wird, antwortet auf diese Frage mit seiner eigenen biografischen Erfahrung, die allen Cinephilen vertraut sein wird: Das Kino kann solch ein Haus oder der Weg dorthin sein. Bleibende Wegmarken sind dabei zumeist "die Filme, die unsere Kindheit angeschaut haben" (Jean Louis Schefer) – Der Krieg der Knöpfe für die einen, Moonfleet für die anderen. Dass in beiden Werken, wie im Film von Kiarostami, Kinder auch als Protagonisten fungieren, ist kein Zufall. Das Kind, das vom Kino in ein Labyrinth der Zeichen und Wunder gerissen wird, das einen Weg zu gehen oder ein Abenteuer zu bestehen hat und auf diesem Weg oft von einem Erwachsenen, einem "Lehrer" oder Vermittler begleitet wird (der auch ein "Böser" sein kann) – wir sind dieses Kind.

Und später, wenn das nun erwachsene Kind selbst als Vermittler oder in anderer Weise "kennerisch" auf dem Terrain des Kinos umherzieht, sollte sich nichts daran ändern. Im Gegenteil, das Kino wird dann selbst zu jenem Abenteuer-Labyrinth, in dem die schönsten Geheimgänge und Querverbindungen ein Leben lang erkundet werden. Das vorliegende Programm ist für das Spinnen solcher Ariadnefäden besonders geeignet, sei es in der großen Filmmuseum-Viennale-Retrospektive oder in Ilse Aichingers Nachmittagskino. So wie dieses Gebilde habe ich es mir immer vorgestellt: das Haus meines Freundes.

Alexander Horwath


Im Andenken an Peter Hutton (1944–2016)
Siehe auch thinking of red und Was ist Film: Programm 53


Dank Für ihre Hilfe bei der Realisierung des Oktober/November-Programms danken wir:
Carmen Accaputo, Andrea Meneghelli (Cineteca di Bologna); Laura Argento (Cineteca Nazionale); Peter Bagrov, Yulia Belova (Gosfilmofond of Russia); Clara Bausch; Andreas Beilharz, Mathias Bollinger (Deutsches Filminstitut); James Benning; Andreas Berger (Filmarchiv Austria); Jacqueline Blösch, Florian Wrobel (Bundesarchiv – Filmarchiv); Émilie Cauquy (Cinémathèque française); Christoph Daxtra; Oscar de Gispert & Enric Rebordosa; Noel Dinse; Anja Dornieden & Juan David González Monroy; Dennis Doros, Amy Heller (Milestone Film & Video); Philipp Fleischmann (Schule Friedl Kubelka für unabhängigen Film); Marlene Göntgen; Nikos Grigoriadis (abc-films); Anke Hahn (Deutsche Kinemathek); Hans Hurch, Astrid Ofner, Sigrid Mölg (Viennale); Gustavo Jahn & Melissa Dulius; Mark Johnson (Harvard Film Archive); Kamogawa Sachio, Tochigi Akira (National Film Center/National Museum of Modern Art, Tokyo); Juha Kindberg (KAVI – National Audiovisual Institute, Finland); Nina Kreuzinger; Linn Löffler (LaborBerlin); Bernd Lützeler & Kolja Kunt; Mike Mashon, Lynanne Schweighofer (Library of Congress); Guillaume Mazloum; Lariza Melo Preciado, Gloria Mascorro (Instituto Mexicano de Cinematografia); Varja Močnik, Darko Štrukelj (Slovenska kinoteka); Simon Mraz, Julia Tauber (Österreichische Botschaft Moskau); Magdalena Pfeifer; Deborah S. Phillips; Sonja Reiser (Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres); Nicolas Rey (L'Abominable); Caitlin Robertson, Barbara Crandall, Victoria Stevenson (20th Century Fox); Katrin Rohrbacher, Daniel Lange, Andreas Dittrich, Gilbert Waltl, Mathias Müller, Marlene Csillag, Alexander Wöran (Das Ilse-Aichinger-Haus); Walter Ruggle, Christine Brönnimann (trigon-film); André Schäublin, Virginie Allflatt, Richard Szotyori (Cinémathèque suisse); Marc Scheffen (Cinémathèque Municipale de Luxembourg); Viktoria Schmid; Claudia Slanar (Universität für angewandte Kunst Wien); Björn Speidel; Stefanie Stejskal (Polyfilm); Pauline Thiry (Cinémathèque royale, Bruxelles); Tatiana Tursunova, Alexey Mikhailov (VGIK); Klaus Volkmer, Stephanie Hausmann, Gerhard Ullmann (Filmmuseum München); George Watson, Hannah Prouse (British Film Institute); Todd Wiener, Steven K. Hill (UCLA Film & Television Archive); Sam Wolk


Filmtexte Das Ilse-Aichinger-Haus, Alejandro Bachmann, Rui Hortênsio da Silva e Costa, Christoph Huber, Harry Tomicek