Rainbow Dance, 1936, Len Lye

Collection on Screen:

Len Lye

10. Dezember 2022

 

"Bei jedem meiner Filme hat mich interessiert, etwas auszuprobieren, was bis dahin in der Filmtechnik noch niemand gemacht hat", lautete das Credo des gebürtigen Neuseeländers Len Lye (1901–1980, voller Name: Leonard Charles Huia Lye). Sein Weg zum vielseitigen modernen Künstler – Experimentalfilmer, kinetischer Bildhauer und Fotograf, Poet und Theoretiker – wurde schon in der Kindheit unter anderem dadurch geprägt, dass er nach dem frühen Tod seines Vaters bei seinem neuen Stiefvater, einem Leuchtturmwärter, einzog: Der stete Blick auf das Meer löste im jungen Len eine Faszination für Wellenmuster und die vielfältigen Formen der Natur aus, was ein treibender Faktor seines Schaffens werden sollte.
 
Lyes Familie hatte zu wenig Geld, um ihm eine Hochschulausbildung zu finanzieren, doch er nutzte das öffentliche Bibliotheksystem, um sich autodidaktisch weiterzubilden und Teilzeitunterricht an der Kunstschule zu nehmen. Trotzdem blieb er ein visionärer Einzelgänger: Seine Werke lassen sich kaum in die üblichen kunsthistorischen Kategorien einordnen und er hatte nie den Durchbruch bei einem großen Publikum, aber für andere Kunstschaffende in Film und Bildhauerei wurde er zum wichtigen Impulsgeber. Mit dem Umzug nach England 1926 fasste er in der dortigen bildenden Avantgardeszene Fuß, bald begann er sich mit Film zu beschäftigen und beeindruckte schon mit seinem Debüt Tusalava (1929) durch eine ungewöhnliche Fusion von moderner Kunst und den indigenen Traditionen seiner Heimat.
 
Während der 1930er konnte Lye im Auftrag der innovativen GPO Film Unit der britischen Post eine Reihe von bahnbrechenden, großteils abstrakten Kurzfilmen wie A Colour Box (1934) oder Rainbow Dance (1936) herstellen, die berauschende neue Möglichkeiten im Einsatz von Filmfarben und Animation erschlossen – sie machen den Kern des ersten Programms dieses Collection on Screen-Moduls aus. Das zweite Programm kombiniert seine ebenso einfallsreichen und verblüffenden Realfilme, die während des Zweiten Weltkriegs für das britische Informationsministerium entstanden, mit den Neuerungen seines Spätwerks: 1944 übersiedelte er nach New York und entwickelte weitere Methoden, um seine Experimente fortzuführen. Wie kaum ein/e andere/r (Film-)Künstler*in des 20. Jahrhunderts brachte Lye sowohl in seinem Werk wie in seinem unorthodoxen Auftreten den Begriff Experimentierfreudigkeit auf den Punkt.
 
Seine einzigartigen Filme sind schon lange Teil der Sammlung des Filmmuseums, das zudem Lyes rares Studienmaterial beherbergt, dem das dritte Programm gewidmet ist. (Christoph Huber)

Diese Veranstaltung sollte ursprünglich am 27. und 28. November 2021 stattfinden, musste jedoch coronabedingt verschoben werden.