Rage, Racism, Reggae, Resistance
Pioneers of Black British Cinema
6. bis 27. November 2024
Fast ein halbes Jahrhundert ist es her, dass mit Horace Ovés Pressure (1975) der erste Schwarze britische Spielfilm in die Kinos kam. Dennoch dürfte die Formulierung "Pioneers of Black British Cinema" für Ratlosigkeit und Überraschung sorgen. Verständlicherweise, denn die Historie erinnert uns daran, dass Künstler*innen weltweit oft einen hohen Preis für ihre mutigen künstlerischen Protestäußerungen gegen Rassismus, Ungerechtigkeit und Unterdrückung zahlen mussten. Das gilt auch für Schwarze britische Filmemacher*innen. Filmkritiker und Kurator Ashley Clark nennt deren Werk "einen Geisterkanon des britischen Filmschaffens": "dringliche Arbeiten, die oft übersehen oder aktiv unterdrückt wurden und lange unzugänglich blieben."
Pioneers of Black British Cinema bringt einige bahnbrechende Werke britischer Filmemacher*innen afrikanisch-karibischer Herkunft aus diesem "Geisterkanon" ans Licht. Diese oft als "aufrührerisch", "kontrovers", "wütend" und "nihilistisch" beschriebenen Filme reflektieren nicht nur kraftvoll entscheidende Momente in den Beziehungen zwischen den ethnischen Gruppen in Großbritannien, sondern sind auch ein kulturelles Archiv der afrokaribischen Gemeinschaften, die nach dem Zweiten Weltkrieg aus dem Commonwealth (die ehemaligen Gebiete des Britischen Empire) auf der Suche nach einem besseren Leben nach Großbritannien kamen.
Insbesondere die Ankunft der Windrush-Generation – mehr als 1000 Jamaikaner*innen, die 1948 von der Regierung nach England eingeladen wurden, um "dem Mutterland zu helfen" (zur Behebung des Arbeitskräftemangels der Nachkriegszeit) – stellte einen Wendepunkt für das postkoloniale Großbritannien dar. In den folgenden Jahrzehnten kam es immer wieder zu Unruhen. Rekordarbeitslosigkeit, wirtschaftlicher Niedergang und ein Anstieg der Einwanderung aus Afrika, der Karibik und Südasien in den 1960ern und 70ern verschärften die Angst und Feindseligkeit der weißen Bevölkerung, die ihre Lebensweise "bedroht" sahen. Dass entrechtete Schwarze Brit*innen weiterhin gegen Rassismus, Polizeibrutalität und gewalttätige Übergriffe weißer nationalistischer Gruppen ankämpften, wurde in Film, Fernsehen und im öffentlichen Diskurs nicht verhandelt, während britische Medien die Schwarze Jugend pauschal als kriminell diffamierte.
In den 1960ern begannen Kinokünstler*innen afrikanisch-karibischer Herkunft verstärkt Schwarze britische Erfahrung(en) zu artikulieren: Dieses Black British Protest Cinema initiierte der aus Trinidad stammenden Horace Ové (Pressure), gefolgt vom in Barbados geborenen Menelik Shabazz (Burning an Illusion, 1981) und dem aus Italien stammenden Franco Rosso (Babylon, 1980). Letzterer war eine Ausnahmefigur in dieser Gruppe, den seine Erfahrungen mit der Fremdenfeindlichkeit der Nachkriegszeit zu einer furchtlosen Stimme der Marginalisierten gemacht hatten. Zu den neuen künstlerischen Stimmen der Folgezeit gehören Isaac Julien, ein Installationskünstler und Filmemacher karibischer Herkunft (Young Soul Rebels, 1991), der in Ghana geborene Regisseur und Künstler John Akomfrah (Handsworth Songs, 1986) sowie die britisch-nigerianische Regisseurin Ngozi Onwurah, von der wir Welcome II The Terrordome (1995) und zwei Kurzfilme zeigen.
Die zwischen Wut, Rassismus, Reggae und Widerstand oszillierenden Erinnerungen an ihren generationenübergreifenden Kampf um Assimilierung in einem feindseligen Großbritannien, das mit dem langsamen und stetigen Niedergang seines globalen Imperiums ringt, bilden die kulturelle und spirituelle DNS der Schwarzen britischen Filmbewegung und beschreiben den Fokus und die Bandbreite dieses Programms. (Anupma Shanker)
Alle Einführungen von Anupma Shanker und das Filmgespräch mit Martin Stellman finden in englischer Sprache statt.
Fast ein halbes Jahrhundert ist es her, dass mit Horace Ovés Pressure (1975) der erste Schwarze britische Spielfilm in die Kinos kam. Dennoch dürfte die Formulierung "Pioneers of Black British Cinema" für Ratlosigkeit und Überraschung sorgen. Verständlicherweise, denn die Historie erinnert uns daran, dass Künstler*innen weltweit oft einen hohen Preis für ihre mutigen künstlerischen Protestäußerungen gegen Rassismus, Ungerechtigkeit und Unterdrückung zahlen mussten. Das gilt auch für Schwarze britische Filmemacher*innen. Filmkritiker und Kurator Ashley Clark nennt deren Werk "einen Geisterkanon des britischen Filmschaffens": "dringliche Arbeiten, die oft übersehen oder aktiv unterdrückt wurden und lange unzugänglich blieben."
Pioneers of Black British Cinema bringt einige bahnbrechende Werke britischer Filmemacher*innen afrikanisch-karibischer Herkunft aus diesem "Geisterkanon" ans Licht. Diese oft als "aufrührerisch", "kontrovers", "wütend" und "nihilistisch" beschriebenen Filme reflektieren nicht nur kraftvoll entscheidende Momente in den Beziehungen zwischen den ethnischen Gruppen in Großbritannien, sondern sind auch ein kulturelles Archiv der afrokaribischen Gemeinschaften, die nach dem Zweiten Weltkrieg aus dem Commonwealth (die ehemaligen Gebiete des Britischen Empire) auf der Suche nach einem besseren Leben nach Großbritannien kamen.
Insbesondere die Ankunft der Windrush-Generation – mehr als 1000 Jamaikaner*innen, die 1948 von der Regierung nach England eingeladen wurden, um "dem Mutterland zu helfen" (zur Behebung des Arbeitskräftemangels der Nachkriegszeit) – stellte einen Wendepunkt für das postkoloniale Großbritannien dar. In den folgenden Jahrzehnten kam es immer wieder zu Unruhen. Rekordarbeitslosigkeit, wirtschaftlicher Niedergang und ein Anstieg der Einwanderung aus Afrika, der Karibik und Südasien in den 1960ern und 70ern verschärften die Angst und Feindseligkeit der weißen Bevölkerung, die ihre Lebensweise "bedroht" sahen. Dass entrechtete Schwarze Brit*innen weiterhin gegen Rassismus, Polizeibrutalität und gewalttätige Übergriffe weißer nationalistischer Gruppen ankämpften, wurde in Film, Fernsehen und im öffentlichen Diskurs nicht verhandelt, während britische Medien die Schwarze Jugend pauschal als kriminell diffamierte.
In den 1960ern begannen Kinokünstler*innen afrikanisch-karibischer Herkunft verstärkt Schwarze britische Erfahrung(en) zu artikulieren: Dieses Black British Protest Cinema initiierte der aus Trinidad stammenden Horace Ové (Pressure), gefolgt vom in Barbados geborenen Menelik Shabazz (Burning an Illusion, 1981) und dem aus Italien stammenden Franco Rosso (Babylon, 1980). Letzterer war eine Ausnahmefigur in dieser Gruppe, den seine Erfahrungen mit der Fremdenfeindlichkeit der Nachkriegszeit zu einer furchtlosen Stimme der Marginalisierten gemacht hatten. Zu den neuen künstlerischen Stimmen der Folgezeit gehören Isaac Julien, ein Installationskünstler und Filmemacher karibischer Herkunft (Young Soul Rebels, 1991), der in Ghana geborene Regisseur und Künstler John Akomfrah (Handsworth Songs, 1986) sowie die britisch-nigerianische Regisseurin Ngozi Onwurah, von der wir Welcome II The Terrordome (1995) und zwei Kurzfilme zeigen.
Die zwischen Wut, Rassismus, Reggae und Widerstand oszillierenden Erinnerungen an ihren generationenübergreifenden Kampf um Assimilierung in einem feindseligen Großbritannien, das mit dem langsamen und stetigen Niedergang seines globalen Imperiums ringt, bilden die kulturelle und spirituelle DNS der Schwarzen britischen Filmbewegung und beschreiben den Fokus und die Bandbreite dieses Programms. (Anupma Shanker)
Alle Einführungen von Anupma Shanker und das Filmgespräch mit Martin Stellman finden in englischer Sprache statt.
Zusätzliche Materialien
Link Mitwirkende
Blog Following Film Anupma Shanker on Black British history and "Pioneers of Black British Cinema" (Englisch)
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