
Good News – Von Kolporteuren, toten Hunden und anderen Wienern
Ulrich Seidl. AT, 1990, 35mm, Farbe, 129 min. DeutschEntfernte Stimmen, Stillleben: Ulrich Seidls erster Langfilm zeigt ihn als Gesellschaftsbeobachter mit einer ausgereiften persönlichen Ästhetik. Good News liefert Bilder aus dem Alltag der (zumeist nicht-österreichischen) Boulevardzeitungs-Kolporteure und den Lebensverhältnissen ihrer (zumeist österreichischen) Kunden. Statt Zufallsdramaturgie strengste Inszenierung: minutiös choreografierte Kameramanöver oder genau kadrierte Tableaus, in denen Selbstdarsteller ihr Innenleben offenbaren. Dem oft einseitigen sozialen Auftrag, der angeblich ungefilterten Lebensnähe der Gattung Dokumentarfilm hält Seidl eine fast fiktive Verdichtung der Ereignisse entgegen: der Informationsgehalt der Aufzeichnung – etwa von der menschenunwürdigen Behandlung der Kolporteure – stellt sich umso wuchtiger ein. Zugleich werden die Betrachtenden immer wieder auf den Voyeurismus zurückgeworfen, mit dem sie diese fremden Leben betrachten. Die Beharrlichkeit des Inszenators Seidl verlangt auch beharrliche Zuseher*innen. (C.H.)