Mademoiselle, 1966, Tony Richardson

Carte blanche

Mademoiselle

Regie: Tony Richardson; Drehbuch: Marguerite Duras nach einer Vorlage von Jean Genet; Kamera: David Watkin; Schnitt: Antony Gibbs, Sophie Coussein; Musik: Antoine Duhamel; Darsteller*innen: Jeanne Moreau, Ettore Manni, Keith Skinner, Umberto Orsini, Jane Berretta. GB/FR, 1966, 35mm, sw, 103 min. Englisch 
 
Jean Genet sollte ursprünglich selbst sein Anfang der 1950er Jahre für Anouk Aimée verfasstes Drehbuch zu Mademoiselle bearbeiten. Als Tony Richardson ihn dafür lobte, verschwand Genet über Nacht und ward nicht mehr gesehen. Später erklärte man dem britischen Regiestar, dass er den Skandalschriftsteller besser beschimpft hätte ... So zumindest stellt Richardson diese merkwürdige Episode in seiner Autobiografie dar. Die namenlose Psychopathin, die ein Dorf terrorisiert und indirekt Schuld an einem Mord trägt, hat auf den ersten Blick wenig gemein mit Duras' Frauenfiguren. Auch insgesamt steht dieser brachial-barocke Arthouse-Gothic-Brocken quer zu allem, was man mit ihr assoziiert. Dabei könnte man sich gut vorstellen, wie Mademoiselle in Isabelle Grangers Wohngemeinschaft einzieht – oder wie sie aus dem Wald tritt, um die Hotel-Gesellschaft von Détruire, dit-elle aufzumischen. (O.M.)